1. November 2021
Als streitbare Kommentatorin in Presse, Funk und Fernsehen war sie Legende. Sie erhob ihre Stimme in politischen Talkrunden schon zu einer Zeit, als Frauen dort kaum eingeladen wurden. Doch bei ihrem letzten Werkstattgespräch an der DJS wollte sie nicht über die Bundespolitik, sondern über ihre Erfahrungen als Auslandskorrespondentin sprechen. Denn Bettina Gaus, die jetzt im Alter von 64 Jahren gestorben ist, verstand sich in erster Linie als Reporterin.
Gaus wurde in der 15. Lehrredaktion ausgebildet. Schon ihr Vater, Günter Gaus, hatte die DJS (damals noch Werner-Friedmann-Institut) besucht. Sie erzählte einmal, wie schwierig es anfangs war, mit dem impliziten Verdacht umzugehen, sie sei bei der Aufnahmeprüfung aus familiären Gründen bevorzugt worden. Dass dies nicht stimmte, dass sie gleichzeitig die Tochter des sicher besten Interviewers der Nachkriegsgeschichte sein und als eigenständiges Talent den Journalismus würde prägen können, stellte sie in den darauffolgenden Jahrzehnten unter Beweis.
Während und nach dem Studium arbeitete Bettina Gaus zunächst als Lokalreporterin für die Münchener Abendzeitung, dann als Politikredakteurin für die Deutsche Welle. 1989 zog sie nach Nairobi und berichtete für die tageszeitung (taz) und mehrere ARD-Sender über Afrika, unter anderem über die Kriege in Somalia. Sie verwertete ihre Erfahrungen in den Büchern “Frontberichte” (2004) und “Der unterschätzte Kontinent” (2011).
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland leitete sie von 1996 bis 1999 das Parlamentsbüro der taz. Danach ging sie für die linke Tageszeitung als politische Korrespondentin nach Berlin.
In der neuen Hauptstadt gehörte Gaus zu den tonangebenden “Alpha-Journalisten”. 2010 erhielt sie den Medienpreis für Sprachkultur. Sie schrieb für die taz mehr als zehn Jahre lang eine Kolumne über Macht, bis sie im April als Kolumnistin zum Spiegel wechselte.
In ihren Meinungsstücken für Presse, Funk und Online trat sie ein für Präzision — und dafür, das Private vom Politischen zu trennen. Sie glaubte nicht daran, dass die Welt durch Radfahren oder Veganismus zu retten ist, sondern forderte Veränderungen durch gewählte Regierungen und Gesetzgeber. Sie vertraute den Prinzipien und Mechanismen der parlamentarischen Demokratie.
Die sozialen Medien nutzte Gaus eher privat als publizistisch. Sie verschmähte Twitter, diskutierte aber gern auf Facebook mit Weggefährten in aller Welt. Besonders liebte sie die Gespräche mit der Generation ihrer Tochter, einer jungen Menschenrechtsanwältin, ob im privaten Kreis oder im Seminar.
Im Rahmen der DJS-Aktion #journalistenschule erzählte sie an ihrem Hamburger Gymnasium vom Journalismus. 2019 sprach sie im Podcast der 57K über die Zigarette als Gegenstand des Protests.
Als Kommentatorin war Gaus bekannt für ihre scharfe Zunge. Als Reporterin hörte sie geduldig zu. Einmal, auf einer gemeinsamen Recherchefahrt durch den Mittleren Westen, verbrachte sie eine Stunde in einem McDonald’s in Missouri damit zu verstehen, warum eine Wählerin gegen die allgemeine Krankenversicherung stimmen wollte, obwohl sie gerade erst der Obdachlosigkeit entkommen war.
Gaus unternahm lange Reportagereisen durch die USA, hörte im Autoradio laut Bluegrass-Musik und war auf amerikanische Politcomedyshows abonniert. Obwohl nie Washington-Korrespondentin, galt sie als eine der kenntnisreichsten USA-Expertinnen im deutschsprachigen Journalismus.
Von den Leserinnen und Lesern ihrer Artikel und Bücher wurde Bettina Gaus geliebt. Die Menschen schätzten ihre Unabhängigkeit von politischen Moden. Sie war manchmal anstrengend, aber stets furchtlos, gerecht und loyal. Ihr Leuchten wird uns immer fehlen.
–Henriette Löwisch
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