Manuel Stark (55K) treibt sich seit seiner DJS-Zeit als freier Journalist durchs Land. Vor allem schreibt er Reportagen für das SZ-Magazin und DIE ZEIT, aber auch ZEITmagazin und SPIEGEL beauftragen ihn. Um neben der freien Arbeit ein festes Einkommen zu haben, unterstützt er die Foto-Agentur Focus als CvD ihres Text-Bereichs.
Darum habe ich mich an der DJS beworben:
Die Schule hat mich fasziniert, wieso genau kann ich selbst nicht ganz sagen. Ich komme vom Land und bin Arbeiterkind, da hat München irgendwie etwas sehr unfassbar großes. Und unwirkliches. Die DJS war für mich eine Art Olymp des Nachwuchsjournalismus – so elitär, aber eben auch so unerreichbar weit weg wie das Pantheon der alten griechischen Götter.
Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, wollte ich da unbedingt hin. Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich es schaffen kann: Mit den besten Nachwuchsjournalisten dieses Landes gemeinsam ausgebildet zu werden, mich mit kreativen Menschen auszutauschen, mitzuhalten. Im Nachhinein denke ich mir, meine Motivation war von viel zu viel Getriebenheit geprägt. Aber hey, auf die Schule habe ich es im zweiten Bewerbungsanlauf irgendwie geschafft.
Das hat mir gut gefallen:
Super fand ich, dass die DJS mehr ist als nur eine Ausbildung oder eine Schule. Das habe ich vor allem im Nachhinein begriffen: Man hilft und unterstützt sich und setzt sich immer füreinander ein. Diese drei Buchstaben entfalen eine ganz seltsame und wirklich schöne Wirkung: Selbst Fremde fühlen sich irgendwie einander zugehörig – und können sich trotzdem in der Sache fair, aber konstruktiv streiten. Heute wohne ich sogar mit einem DJSler zusammen, der Jahre vor mir die DJS besucht hat.
Davon raucht mir heute noch der Kopf:
Schon auf der DJS wollte ich unbedingt Reportagen schreiben. Ich beschäftigte mich vor allem mit Sprache, Sound und Klang: Allen wollte ich zeigen, dass ich schreiben kann. Ein Dozent las dann einmal eine meiner Geschichten. Sie handelte über ein sterbendes Ehepaar, das einen letzten Urlaub am Starnberger See unternahm – dort hatten sie sich kennengelernt.
Er lud mich zum Mittagessen in die SZ-Kantine ein (zum ersten Mal seit Monaten richtiges Mittagessen statt drei Beilagen!), setzte sich mit einem Rotstift bewaffnet an den Tisch und begann Sätze zu streichen, die er als „Kitsch“ erkannte. Am Ende blieb nur ein Satz übrig.
Da habe ich etwas gelernt: Wenn wir schreiben, heben wir Menschen auf eine Bühne. Das Scheinwerferlicht dort gilt der Geschichte. Niemals dem Autor.
Das sollten die Schüler*innen von heute unbedingt lernen:
Erzählen. Klingt banal, ist aber wirklich so. Einige sagen: Der Fall Relotius sei Einzelfall und betreffe nicht die ganze Branche. Ich sehe das anders. Die extreme Form, reine Erfindungen zu produzieren, das mag eine einmalige Sache gewesen sein. Dass aber Menschen zu Figuren reduziert werden, kaum mehr als bloße Emotionshüllen um eine These zu tragen – das erlebe ich jeden Tag auch noch heute in den großen Medien.
Viele Reporter weichen – bewusst oder unbewusst – auf die immerselben erlernten Muster aus, eine Geschichte zu schreiben. Und wenn vor Ort dann mal etwas ganz anders ist? Panik!
So muss es aber nicht sein. Erzählen ist, wie so vieles in unserem Beruf, ein Handwerk. Es zu erlernen ist lebenslange Aufgabe – und ermöglicht es doch schon recht früh, auf Glättungen zu verzichten. Und Geschichten zu erzählen, die gerade durch ihre Brüche erst wirklich gelingen.
Foto: Rafael Heygster